Das Ende der Bescheidenheit! Am 2. Oktober demonstrierten wir unter diesem Motto in Berlin gegen Agenda 2010 und Hartz IV. Zusammen mit der FAU, Berlin Umsonst, und zahlreichen anderen linken Gruppen aus Berlin und anderen Städten waren wir ungefähr 1000 Leute. An der Demo nahmen insgesamt knapp 50.000 Menschen teil.
Demonstrieren allein genügt aber nicht! Wir haben das schon am 27. August mit den Aktionen gegen die McKinsey-Feier deutlich gemacht. Am 2. Oktober ließen einige es sich nicht nehmen, die VW-Niederlassung Unter den Linden mit Farbeiern zu verzieren - ein Hinweis auf Herrn Hartz, dessen Konzernabteilung "Regierungskontakt" in diesem Gebäude sitzt. Die Polizei war unvorbereitet, verstand aber die Botschaft: Sofort prügelten mehrere Dutzend Bereitschaftsbullen in die Demo hinein. Es gab dabei leider Verletzte und Festnahmen.
Wir werden auch in Zukunft dazu beitragen, dass der Widerstand gegen den Sozialabbau über die diffuse Ablehnung von Sparmaßnahmen hinausgeht, Verantwortliche benennt, radikale gesellschaftliche Alternativen formuliert. Und zum anderen sich dabei klar von allen rechten Ideologien abgrenzt, seien es die der Nazis oder auch "nur" nationalistische Standort- und Leistungsparolen.
Unser Aufruf zur Demo am 02.10.04 in Berlin, 13 Uhr am Alexanderplatz - "Das-Ende-der-Bescheidenheit-Block"
Die Hartz-Gesetze stehen vor der Umsetzung: Von überall tönt es uns entgegen, ob in der Boulevard-Presse, in Talk-Runden oder von den Rednerpulten der Politiker, dass es endlich an der Zeit wäre, den Gürtel enger zu schnallen, damit es dem Wirtschaftsstandort Deutschland und, so wird suggeriert, letztlich uns allen besser ginge. Da ist von der "Mitnahme-Mentalität" der Deutschen die Rede, die staatliche Leistungen abgreifen, wo es nur ginge, Sozialhilfeempfänger werden als "Sozialschmarotzer" denunziert, die sich nur auf ihrer Stütze ausruhten, und soziale Hängematten halluziniert, die sich auf die Dauer kein "Sozialstaat" leisten könne. Doch zum Glück gibt es für jedes Problem eine Lösung und so verkünden Unternehmerverbände, Politiker und Medienvertreter unisono, wie der angeblichen "Ausbeutung des Sozialstaates" Herr zu werden sei: Ärmel hochkrempeln, tüchtig anpacken, Ansprüche zurückschrauben, was übersetzt nichts anderes heißt, als jeden noch so beschissenen Job annehmen, zur Not auch zwei oder drei, arbeiten bis zum Umfallen und sich mit Niedrigstlöhnen gefälligst zufrieden geben.
Alle gegen alle
Wer nun nicht gleich Lust bekommen hat, sich in das Getümmel absoluter Arbeitshörigkeit hineinzustürzen, tut dies mit gutem Grund. So kalt einen das Befinden des heimischen Wirtschaftsstandortes auch lassen sollte, deutschen Unternehmen geht es alles andere als schlecht: die BILD-Zeitung darf sich freuen, dass Deutschland nach China und den USA drittgrößte Wirtschaftsmacht ist, Großunternehmen werden für dieses Jahr von allen Seiten Rekordgewinnaussichten prognostiziert, die Produktivität hat sich in den letzten 15 Jahren verdoppelt und 2003 wurde der deutschen Exportindustrie gar der Titel des Exportweltmeisters verliehen. Dass dem größten Teil der Bevölkerung die immensen wirtschaftlichen Erfolge nicht zugute kommen, ist kaum verwunderlich. In der freien Marktwirtschaft geht es schließlich nicht darum, gesellschaftlichen Reichtum gerecht zu verteilen. Vielmehr muss Kapital vermehrt werden und dieser Doktrin haben sich alle menschlichen Bedürfnisse unterzuordnen.
Nix für alle
Derzeit erleben wir in Deutschland den größten Angriff auf soziale Rechte seit dem Bestehen der BRD. Es wird gekürzt, was der Rotstift hergibt. Sozialstaatliche Leistungen werden mit dem Argument der "Standorterhaltung" abgebaut. Errungenschaften im Bildungs-, Gesundheits-, Renten- und Sozialbereich, die dem Kapital erst in harten Kämpfen abgerungen werden mussten, können nun, nach dem Wegfall der Systemkonkurrenz zum ehemaligen Ostblock, als überflüssiger, profitmindernder Ballast über Bord geworfen werden. Der Kapitalismus präsentiert sich als scheinbar alternativloses Modell, das alle Lebensbereiche durchdrungen hat und sich weltweit auf ökonomischer, politischer und technischer Ebene ausgebreitet hat. Überall auf dem Globus hängt die Existenz der Menschen vom Urteil des Kapitals ab, ob sich ein lohnendes Geschäft mit ihnen machen lässt oder nicht.
Alles für alle
Doch gleichzeitig wird das entfesselte kapitalistische System inzwischen mit seinen hausgemachten Widersprüchen konfrontiert. Massenarbeitslosigkeit und daraus folgendende mangelnde Konsumtion sowie allgemeiner Missmut über Hartz IV lassen den über Jahrzehnte aufrecht erhaltenen sozialpolitischen Konsens bröckeln. Zwar gehen inzwischen (noch) nicht die Massen auf die Straße, aber es sind doch so einige, die sich mit den extremsten Zumutungen des Kapitalismus nicht mehr zufrieden geben wollen. Wie so viele Montagsdemonstrationen in den letzten Wochen ist auch die Großdemonstration am 2. Oktober in Berlin zunächst ein Zeichen allgemeinen Unmutes über die soziale Lage in der Bundesrepublik. Es ist nun an der Zeit, dass die offensichtliche Wut und Empörung ihren praktischen Ausdruck findet und zum organisierten Widerstand wird ? einem linken emanzipatorischen Widerstand, der sich nicht in Appellen an den Staat erschöpft, sondern in einen Kampf ums Ganze mündet.
Kapitalismus abschaffen! Wir wollen alles!
2. Oktober 2004 - 13 Uhr Alexanderplatz - Berlin
· ACT! [FelS, ¡Si!, Autopool, ALB]
· Antifa Weißensee (AW)
· Antifaschistisches Bündnis Marzahn/Hellersdorf (ABM)
· Antikapitalistische Aktion Berlin (AKAB)
· Avanti - Projekt undogmatische Linke
· ['solid]36 - Sozialistische Jugend Kreuzberg